Unsere Partner in der Ukraine, in Baryschiwka und Beresan müssen in einer Zeit großer Angst und Ungewissheit, in Not und Verzweiflung auf die Gespräche und Entscheidungen der maßgeblichen Politiker hoffen. Die Gefahr eines Kriegs in ihrem Land durch die Invasion von russischen Truppen war noch nie so groß, wie gerade. Machtstreben und Machtbesessenheit bedrohen das Volk in seiner Unabhängigkeit.
Niemand unserer Völker, Ukrainer und Deutsche, hätten an so eine Gefahr gedacht, aus den feindlichen Lagern der zwei Weltkriege sind Partner und Freunde geworden. Wir möchten solidarisch an der Seite unserer Freunde stehen, jedoch unsere Möglichkeiten sind begrenzt.
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine entwickelt sich aus der jüngsten Geschichte des Landes. 1991 erklärte die ukrainische Volksrepublik nach einer Abstimmung ihre Souveränität und den Austritt aus der Sowjetunion, die sich zu diesem Zeitpunkt auflöste. Seither bemüht sich die Führung der Ukraine um politische und wirtschaftliche Konsolidierung. In der orangen Revolution 2004 treten innergesellschaftliche Konflikte zu Tage. Das bekannte Gesicht Julija Tymoschenko brachte nicht die erwarteten Reformen, so konnte die darauffolgende Wahl der pro russische Kandidat Janukowytsch für sich entscheiden. Er schränkte demokratische Rechte ein, verfolgte politische Gegner und nutzte seine Stellung aus, indem er und seine Familie sich bereicherten. 2013 handelt die EU mit der Ukraine ein Assozierungsabkommen aus, jedoch der Präsident verweigerte seine Zustimmung, was Proteste breiter Bevölkerungsschichten zur Folge hatte. Die anfangs friedlichen Demonstrationen radikalisierten sich. Im Februar 2014 kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen gegen das eigene Volk, mit der traurigen Bilanz von 100 Menschen, die ihr Leben verlieren mussten. Der Präsident ging außer Landes und eine Übergangsregierung übernahm die Macht. Seit dieser Zeit sieht sich Moskau in ihren Sicherheitsinteressen bedroht, Putin befürchtet die Osterweiterung von EU und NATO bis an die Grenze Russlands. Putin gibt vor, seine russischen Landsleute in der Ukraine müssen vor der Unterdrückung der Kiewer Regierung geschützt werden. Dies dient als Begründung der bewaffneten Intervention zur Annexion der Krim. Mit einem äußerst umstrittenen Referendum wurde der Anschluss der Krim an Russland bestätigt. Die Intervention Russlands griff weiter auf die Ostukraine aus. Separatistische Milizen besetzten die wichtigsten Städte im Dombass. Im April 2014 wurde die „souveräne Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ ausgerufen, was die Wirtschaft des Landes schwer erschütterte. Seit dieser Zeit sind immer Unruhen und kriegerische Auseinandersetzungen an der Grenze. Junge Männer wurden zum Militärdienst eingezogen, nicht alle kamen wieder zurück, viele kamen dramatisiert wieder nach Hause. Auch in Baryschiwka und Beresan wurden Flüchtlinge aus den Ostgebieten aufgenommen.
Unsere Freunde erklären uns, die bewaffnete Aggression der russischen Föderation gegen die Ukraine dauert bereits acht Jahre.
Seither ist die Energiesicherheit des Landes erheblich beeinträchtigt, die den Energiebedarf vollständig mit Kohlestrom gedeckt hat. So ist der Staat aktuell gezwungen Strom in Weißrussland und Kohle aus dem Ausland für ungefähr 2 Milliarden Dollar zu kaufen. Der Strompreis ist im letzten Jahr um 50 % gestiegen, dasselbe gilt für den Gaspreis, ein Kubikmeter kostet ungefähr 1,50 €. Gas ist notwendig für die Industrie, das Heizen öffentlicher Gebäude, Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten und anderer Einrichtungen. Um Strom zu sparen wird in den ländlichen Gebieten, also auch im Gebiet Baryschiwka und Beresan für zwei Stunden am Tag der Strom abgeschaltet. Natürlich steigen nicht nur die Preise für Energie, auch für Lebensmittel, so kostet beispielsweise 500 g Weizenbrot 0,88 €, ein Liter Sonnenblumenöl 2.09 € und ein Liter Benzin 1.03 €. Bei einem durchschnittlichen Gehalt von 450 € oder einer Rente von 110 € bleibt nichts zum Leben.
Baryschiwka und Beresan liegt cirka 70 km von Kiew entfernt, an der Autobahn Richtung Ostukraine, mit der Stadt Charkiw und der wichtigen Bahnlinie Kiew Poltawa. Auf halber Strecke ist der internationale Flughafen Boryspil, der sich in den letzten Jahren als wichtiges Drehkreuz entwickelt hat.
In den letzten Jahren haben sich verschiedene Industrien internationaler Firmen in Baryschiwka und Beresan angesiedelt, die Menschen haben Arbeit, die Infrastruktur verbesserte sich, und eine positive Entwicklung deutete sich an. Die Corona Pandemie belastet das Leben und die wirtschaftliche Entwicklung sehr.
Seit beginn der Partnerschaft war die Freundschaftshilfe immer willkommen, gerade im humanitären Bereich, in der Unterstützung und Ausstattung der Krankenhäuser, des Pflegeheims, der Schulen und Kindergärten. Seit Beginn der Partnerschaft führten wir gemeinsam Bildungs- und Medizinprojekte durch, neben den vielen Begegnungen Menschen von Kind bis Erwachsener mit dem Schwerpunkt des Kennenlernens als Beitrag der Friedenssicherung und Völkerverständigung.
Wir stehen solidarisch an der Seite unserer Partner und verfolgen mit Angst und großer Sorge die aktuelle Lage mit den neuesten Nachrichten aus Kiew und Moskau, der EU und aus USA. Wir hoffen, dass die Politiker aufeinander zugehen, im Gespräch bleiben und sich kompromissbereit auf eine Lösung ohne Krieg einlassen.
Wir können nur beten um den Frieden in der Ukraine, um die Sicherheit der Familien in unseren Partnerkommunen und hoffen auf eine Zukunft ohne Angst.
Otto Horak