Liebe Mitglieder des Partnerschaftenvereins, liebe Freunde, liebe Unterstützer,
leider kein Ende in Sicht, im Gegenteil. Gerade heute wurden wieder Ziele in Kiew mit Raketen angegriffen und getroffen. Seit Wochen ist es ruhiger in der Mittel und Westukraine geworden. Die Nachrichten berichten von schweren Kämpfen im Osten, fürchterliche Bilder erreichen uns. Die ukrainischen Soldaten stellen sich der übermächtigen russischen Armee entgegen und geben nicht auf, im Gegenteil die ukrainischen Kämpfer halten die Linie oder erobern Gebiete wieder zurück. Die Russen planen einen Zermürbungskrieg im Osten, der sich lange hinziehen wird. Eines steht fest, durch die Angriffe im ganzen Land sind die Leute tief verunsichert, täglich mehrmals heulen die Sirenen und warnen vor Luftangriffen. Strategisch wichtige Punkte werden mit Drohnen ausspioniert, die Wasser- und Stromversorgung für die Haushalte wird ausgeschaltet, wichtige Verbindungswege auf der Straße oder Schiene werden getroffen. Die russischen Aggressoren machen vor der Zivilbevölkerung nicht halt.
Letzte Woche organisierten wir ein virtuelles Treffen mit den verantwortlichen Personen in Baryschiwka, Oleksandr Varenitschenko, Bürgermeister; Nadia Sluchai, Sekretärin des Gemeinderates; Inna Luferenko, Leiterin der Abteilung für wirtschaftliche Entwicklung und Finanzen, wie Borys Skoryk, Vorstandsvorsitzender des Partnerschaftenvereins Baryschiwka – Pullach – Beresan, wie auf Pullacher Seite Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund, zweiter Bürgermeister Andreas Most, von der Verwaltung Frau Nagl und vom Partnerschaftenverein Pullach Otto Horak und Barbara Kammerer-Fischer. Ganz besonders möchte ich mich bei den Übersetzerinnen Frau Symonenko und Frau Trypolska bedanken.
Aus Baryschiwka wurde berichtet, dass viele Männer in das Kriegsgebiet im Osten ziehen, die Territorialabwehr ist aktiv und organisiert die Verteidigung vor Ort. Ende Mai endet das Schuljahr in der Ukraine, was normalerweise groß gefeiert wird. So wollte man auch in so schwierigen, traurigen Zeiten für die Kinder ein Fest mit Überraschungen feiern, einfach ein paar Stunden Freude und Spaß, soweit das möglich ist.
Die Brücken, die am Anfang zum Schutz der Stadt Baryschiwka gesprengt wurden, sind teilweise wieder instandgesetzt. Viele Flüchtlinge kommen aus den Ostgebieten der Ukraine, sie haben alles verloren und es ist klar, dass sie, sollten sie jemals wieder in ihre Heimat zurück können, sicher lange Zeit eine Unterkunft brauchen und sich wahrscheinlich eine neue Existenz aufbauen müssen. Nach Baryschiwka sind ungefähr 4000 Personen mit 700 Kinder geflohen. Sie kommen bei Verwandten und Bekannten unter. Jeder gibt so viel er kann. Die Leute werden mit Lebensmittel und Hygieneartikel versorgt, teilweise aus Spenden von Pullach finanziert. In den Geschäften gibt es Waren zu kaufen, die Preise steigen. Manche Artikel sind Mangelware, wie zum Beispiel Salz.
In dem gemeinsam erbauten Kirchlein in Bakumivka wurde zum orthodoxen Christi Himmelfahrtsfest eine Messe gefeiert. Unweit davon liegt das Dorf Perimoha, das von den Russen schwer zerstört und geplündert wurde. Die Leute kommen langsam zurück und stehen fassungslos vor ihren Häusern.
Manche beginnen aufzuräumen, aber wo anfangen. Die Gefahr der Minen ist immer noch gegeben, auch wenn der Suchtrupp fast alle geräumt hat muss man immer noch damit rechnen. Das ist
besonders schlimm auf den Feldern, auch wenn Drohnen alles kontrollieren, können immer noch Minen übersehen werden. Auf den Feldern wird gesät und gepflanzt, auch wenn die vorjährige Ware zum Teil noch in den Lagerhallen ist. Eigentlich würde das Korn dringend für die Ernährung gerade afrikanischer Länder gebraucht werden, aber der Transport ist durch den Krieg unterbrochen.
Trotzdem haben sich die Bauern entschieden zu pflanzen, das ist ihre normale Arbeit und es ist zu hoffen, dass die geernteten Produkte über neue Wege zu ihren Abnehmern finden. Als erstes muss in den zerstörten Häusern und Gebieten der Schutt und Müll weggebracht werden. Da bittet Baryschiwka um Hilfe bei der Anschaffung von einem Müllfahrzeug. Gemeinsam wollen wir einen Antrag bei Engagement Global stellen um ein entsprechendes Fahrzeug, sicher nur gebraucht um ca. 50.000 € zu kaufen. Unsere Freunde stellen sich ein in Deutschland eingesetztes Fahrzeug vor, da die Ausstattung und Qualität ihren Vorstellungen entspricht. So hat man sich bei der Videokonferenz besprochen, einen entsprechenden Antrag gemeinsam zu stellen.
In vielen Haushalten gibt es das Problem, dass durch längeren Stromausfall der Inhalt der Gefriertruhen verdorben ist, auch das muss alles entsorgt werden. Es ist so fürchterlich, was ein Krieg alles zerstört, wieviel Leid ein Krieg bringt und welches Maß das alles annimmt, ist unvorstellbar. Für das Krankenhaus in Baryschiwka ist der Operationstisch gekauft, die Papiere sind vorbereitet. Gerade wird noch geprüft, ob jetzt noch Zusatzgeräte beschafft werden können, oder auf etwas später verschoben werden müssen. Das Krankenhaus berichtet, noch gut mit Medikamenten und Verbandsmaterial bestückt zu sein. Die Fahrzeuge, die in den letzten Monaten in die Ukraine gebracht wurden sind im Einsatz und tuen gute Dienste. Leider ist der Krankenwagen, der 2019 für Beresan gekauft wurde, schwer verunglückt, der Fahrer ist beim Unfall verstorben, das Auto ist Totalschaden. Der Partnerschaftenverein sieht sich gerade um, ob ein entsprechender Sanka zu kaufen ist. Momentan ist der Gebrauchtwagenmarkt leer, da die Autos alle in die Ukraine gebracht werden, aber vielleicht gibt es für uns die Möglichkeit zu helfen.
In Pullach tut sich auch einiges. Die vier Wohnungen, die United Initiators dem Partnerschaftenverein kostenfrei überlassen hat, sind schön hergerichtet und mit Möbeln bestückt. Die ersten kleinen Familien ziehen ein, teilweise in einer WG und sind dabei sich ein kleines Stück eigenes zu Hause einzurichten. Ich möchte mich bei allen Helfern herzlich bedanken, nur gemeinsam ist das zu schaffen. Auch die Pullacher Familie, die die geflüchteten Frauen mit ihren Kindern so gut aufgenommen und unterstützt haben, verdienen größte Anerkennung und mein Dankeschön. Für die kleineren Kinder begann in zwei Einrichtungen eine Spielgruppe, auch da haben alle zusammengeholfen und alles Unmögliche möglich gemacht.
Die Pfingstferien haben begonnen, Freiraum hoch 2 organisiert Ausflugsaktivitäten zum Skylinepark, zum Blomberg und in die Stadt. Die Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung lädt die Kleineren mit Mütter zum Sommerfest am Tegernsee. Die Mütter freuen sich für ihre Kinder, so kommen alle auf fröhliche Gedanken und bringt ein wenig Abwechslung in dieser sorgenreiche Zeit. Man wird sehen, welche Entwicklungen die Zukunft bringt. Wir hoffen auf ein baldiges Ende des Krieges, dass das Morden und Zerstören aufhört, das Leid weniger wird. Wir wollen solidarisch mit unseren Freunden sein, wir wollen helfen, so gut wir können, dank Ihrer Unterstützung.
Vielen, vielen Dank für Alles!
Otto Horak